Die Jagd nach den Nordlichtern – Lappland im Winter

Die Jagd nach den Nordlichtern – Lappland im Winter

Wie wehende Fahnen am nächtlichen Sternenhimmel. Grüne Nordlichter mit ihrem tanzenden Farbenspiel am Nachthimmel. Ein Traum für jeden Fotografen. Diese Erlebnis stand noch auf meiner Bucketlist. Dann flatterte der Newsletter eines Objektivherstellers in meine Inbox. »Fotoreise nach Schwedisch Lappland« – das wäre es jetzt doch. Also schnell die Termine abgeglichen, gebucht und schon mit den Planungen für die Reisevorbereitungen begonnen.

Anreise ins arktische Nichts: Auf nach Arvidsjaur in Schweden

Der Flug ging ab Hannover. Beim Check-in fragte die freundliche Dame nach dem Zielort. „Arvidsjaur?“ Ich nickte. „Sie wissen wenigstens, wie man das ausspricht.“ Sie lächelte. Sie sei sich auch nicht sicher, aber viele Möglichkeiten gäbe es ja nicht. Die Flugverbindung wird nur im Winter betrieben. Sie dient wohl hauptsächlich dazu, Ingenieure der Automobilindustrie zu den Wintertests zu fliegen. Azyklisch dazu geht es dann für die Touristen freitags nach Lappland und montags zurück – eben genau entgegen des Timings der geschäftlich Reisenden.

Wartend am Gate sprach mich vor dem Abflug Klaus Wohlmann an, unser Fotograph und Reiseführer. Der Manfrotto-Rucksack hatte mich »verraten« und den Inhalt preisgegeben. Schließlich musste die Kamera samt Objektiven und Zubehör wohlbehalten im kalten Norden Europas ankommen. Gemeinsam fachsimpelten wir ein wenig und malten uns aus, was uns dort erwarten würde.

Flug über Schweden von Hannover nach Avidsjaur
Flug über Schweden von Hannover nach Avidsjaur

Der zweieinhalbstündige Flug führte uns ins »Nichts« Schwedisch Lapplands. Dafür war auf dem verschneiten Rollfeld allerdings ziemlich viel Verkehr. Fast zeitgleich trafen 3 Maschinen im Schneetreiben von Arvidsjaur ein. Der Ausstieg erfolgte über die offene Außentreppe. Der arktische Winter traf uns sofort mit voller Wucht. Über das Rollfeld ging es zu Fuß in die Empfangshalle des Terminals. Terminal? Naja, es war eben das Flughafengebäude. Selbst kleine Regionalflughäfen in Deutschland fallen baulich deutlich größer aus.

Unsere kleine Reisegruppe – insgesamt hatten sich 5 Teilnehmer für diese kleine Abenteuerreise angemeldet – fand sich nach kurzer Wartezeit zusammen. Klaus hatte einen Kleinbus gemietet, mit dem es dann auch schon in Richtung Malå, unserer »Homebase« für diesen Trip, los ging.

Verschneites Rollfeld auf dem Airport von Arvidsjaur.
Verschneites Rollfeld auf dem Airport von Arvidsjaur.

Die Suche nach dem Bildmotiv im Weiß

Klaus macht sofort Gas (nur sinnbildlich, er ist ein vorsichtiger und sicherer Lenker), er ist gleich in seinem Element. Begeistert erzählt er von Landschaftsmotiven, die jetzt direkt auf dem Weg zum Hotel liegen. Für ihr selbstverständlich, dass wir da gleich mal einen kleinen Abstecher machen und direkt unsere Fotoapparate aktivieren.

Nach einigen Kilometern verlassen wir die Hauptstraße. Es schneit immer noch, teilweise ist die Sicht durch den vielen Schnee sogar deutlich eingeschränkt. Der Spot ist nach einigen Minuten erreicht, Klaus fährt rechts ran und gibt uns erste Instruktionen. Also die Kamera herausholen und los gehts. Sein Motto ist »machen«! Jede Minute nutzen.

Fotokurs im weißen Nichts
Fotokurs im weißen Nichts

Es ist kalt und nass, kleidungstechnisch bin ich noch gar nicht im Wintermodus ankommen, die warmen Klamotten liegen schön in meiner Reisetasche im Fahrzeug. Die Landschaft um uns herum ist an sich abwechslungsreich. Hügelig und Wald und freie Flächen wechseln sich ab. Aber jetzt ist alles nur weiß. Die erste Herausforderung, um trotzdem ungewöhnliche Motive einzufangen.

Malå begrüßt uns mit viel Neuschnee.

Malå liegt in Schwedisch Lappland, knapp unterhalb des Polarkreises. Die traumhafte Landschaft lässt sich bei unserer Ankunft schon erahnen. Mittlerweile ist es bereits dunkel geworden. Neuschnee bedeckt die parkenden Autos mit einer dicken Schneeschicht. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal eine geschlossene Schneedecke auf der Straße erlebt habe. Der Check-in im Hotel ist schnell erledigt, wir verabreden uns in ein paar Minuten zum Abendessen. Das Buffet bietet sogar Rentierfleisch.

Beim Essen werden dann die Pläne für die Nacht geschmiedet. Klaus hat bereits mehrere Spots zur Nordlichtfotografie in sein Navigationssystem eingegeben. Allerdings sei die Vorhersage für das Nordlicht in seiner Smartphone-App nicht so toll, aber wir sollten es auf jeden Fall versuchen. Na klar, schließlich sind das genau die Motive, die sich jeder Fotograf erhofft.

Malå ist eine idyllische Kleinstadt in Schwedisch Lappland
Malå ist eine idyllische Kleinstadt in Schwedisch Lappland

Die Jagd nach den Nordlichtern beginnt.

Auf gehts mit dem Kleinbus in die Nacht. Das Navigationsgerät zeigt uns den Weg zu den Spots. Es wird allerdings eine Fahrt mit Hindernissen. Durch den Neuschnee sind einige Straßen gar nicht passierbar. Trotzdem versucht Klaus, die geplanten Spots anzufahren. Was das Fahrzeug mit durchdrehenden Rädern quittierte. Also Aussteigen und schieben. Alles kein Problem, das macht sogar irgendwie Spaß.

Das Motto heißt ab jetzt »Standortimprovisation«. Mittlerweile schneit es auch nicht mehr und der Himmel klart nach und nach auf. Die Fahrt führt immer weiter in Richtung Norden. Klaus hält mitten auf der Straße in einem Wald an, guckt durch die Windschutzscheibe und meint, dass wir es hier doch mal versuchen wollen.

Das Nordlicht kommt!
Das Nordlicht kommt!

Kein störendes Fremdlicht am Himmel. Ein Blick in die sternenklare Nacht. Unglaublich, wie viele Sterne hier direkt mit bloßem Auge zu entdecken sind. Vorm Nordlicht sehe ich allerdings noch gar nichts. Beim Aufbau der Stative murmelt Klaus so etwas wie „Ich glaube, das Zeugs ist schon da.“ Was meint er denn damit? Etwa die Nordlichter? Erste Langzeitbelichtungen bringen dann tatsächlich Gewissheit: Auf den Fotos ist deutlich das Grün der Nordlichter erkennbar. Yeah! Später nimmt die Intensität des Lichtes zu. Da sind sie auch für das bloße Auge erkennbar. Bei -6° C wärmen wir uns mit heißem Tee, den Klaus noch im Hotel für uns organisiert hatte. Wir hatten also tatsächlich unser erstes Nordlicht gesehen und auch im Kasten. Das war ja schon fast mehr, als wir hätten erwarten dürfen.

Nordlicht am schwedischen Himmel.
Nordlicht am schwedischen Himmel.
Die Nordlichter wurden mit der Zeit intensiver.
Die Nordlichter wurden mit der Zeit intensiver.

Driving Experience: Rennbahn auf dem zugefrorenen See.

Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es am nächsten Morgen weiter mit einem Photowalk durch den Ort. Wir trafen Motorschlitten-Fahrer auf dem zugefrorenen See, Angelzubehörverkäufer, die mit einem Eisbohrer Löcher in die 60 cm dicke Eisdecke für die »Testangler« vorbereiteten. Weiter auf dem riesigen See trafen wir wild driftende Autos. Instruktor Werner Gusenbauer erklärte hier seinen Schülern das Fahren eines Autos auf Eis und Schnee. Die Gesichter kannten wir größtenteils aus unserem Flieger wieder. Für uns alles willkommende Bildmotive. Klaus gab ausführliche Erläuterungen zum Bildaufbau und Belichtungstechniken zu diesen unterschiedlichen Szenarien. In der Dämmerung lieferte ein Motorschlittenrennen auf der dafür extra »umgebauten« Skipiste Gelegenheit für spektakuläre Fotoaufnahmen. Aber eigentlich warteten wir wieder auf den Anbruch der Dunkelheit. Das Jagdfieber nach den Nordlichtern brannte in uns.

Subaru Driving Experience: Driften auf Eis
Subaru Driving Experience: Driften auf Eis

Gen Norden zur Entdeckungstour der Aurora Borealis – dem Polarlicht

Beim Start in die Nacht zeigte das Thermometer im Kleinbus eine Außentemperatur von -21° C an. Klaus hatte neben dem obligatorischen Tee auch Feuerholz organisiert. Heute fuhren wir deutlich weiter gen Norden als am Vortag. Die Vorhersage kündigte starke Nordlichtaktivitäten an. Die Suche nach einem geeigneten Spot führten uns immer weiter nach Norden. Dann tauchte geeignetes Gelände auf. Es versprach eine tolle Perspektive für unsere Aufnahmen. Wieder bauten wir unsere Stative auf, richteten die Objektive über den Wipfeln der Wälder nach Norden aus und machten einige Testfotos. Währenddessen zündete Klaus vorsorglich das Lagerfeuer mit dem mitgebrachten Petroleum an. Der eigenartige Geruch des Holzes und des Lampenöls zog über die Straße.

Prachtvolles Spektakel am Himmel: Nordlichter in Schweden
Prachtvolles Spektakel am Himmel: Nordlichter in Schweden

Dann rief plötzlich jemand aus der Gruppe „Es geht los!“. Alle Köpfe schnellten gen Himmel und tatsächlich erschien das typische Grün des Nordlichts am Himmel. Zunächst ganz schwach, dann aber immer intensiver am gesamten nördlichen Horizont. Die Kameras klickten im Dauerfeuer. Ein gewaltiges, noch nie zuvor erlebtes Naturschauspiel am Nachthimmel. Es ist schwer, das Erlebte in Worte zu fassen. Es kommt in Wellen. Manchmal nur für einen Zeitraum von 2 bis 3 Minuten. Aber das lichtintensive Spektakel zum Schluss unserer Beobachtungen hielt für zirka 20 Minuten an. Klaus hatten noch einen super Tipp für uns. Er stellte seine Kamera auf Zeitrafferaufnahmen ein. Neben vielen tollen Einzelfotos hat er damit einen kleinen Film erstellt. So kann man die leicht springenden Bewegungen des Aurora Borealis gut erkennen.

Ach ja, auf der Rückfahrt hatten wir dann bis zu -26° C. Gut, dass wir am Spot unsere Finger immer wieder über dem Lagerfeuer wärmen konnten. Damit wurden sie wieder beweglich und wir konnten die Einstellungen an den Kameras auch mal verändern. Durch die Atemluft setzte sich übrigens Eis auf dem gesamten Kameragehäuse und Objektiven ab. Extreme Bedingungen für Mensch und Material. Aber es hat sich gelohnt – ein unvergessliches Erlebnis!

Mittendrin statt nur dabei: Rentierherde hautnah

Der nächste Tag verlief deutlich ruhiger. Die Besichtigung einer Rentierfarm steht auf dem Programm. Züchter Börje treffen wir noch kurz auf der Zufahrt zu seinem Anwesen. Ein kurzer „Schnack“ zwischen Klaus und ihm: Heute wird nicht er uns betreuen, sondern seine Frau. Sprach es und verschwand mit seinem Auto auf der schier unendlich lang wirkenden vereisten Straße.

Rudolf das Rentier stellt sich vor.
Rudolf das Rentier stellt sich vor.

Die begrüßte uns dann auf dem kleinen Anwesen sehr herzlich und erläuterte uns interessante Dinge rund um die Rentierzucht. In einem kleinen Gehege unmittelbar neben dem Wohnhaus haben wir den ersten Kontakt zum den Tieren bekommen. Moose und Flechten waren für die Tiere und wahre Delikatesse. Irgendwie erinnerte mich die Atmosphäre an einen Streichelzoo. Für uns eine tolle Gelegenheit, nah an die Tiere heranzukommen und schöne Detailaufnahmen zu machen.

Zum Aufwärmen wurde am offenen Feuer heißer Tee gereicht. Zu Mittag gab es – wie sollte es anders sein – Rentierfleisch. Geschmacklich eine Mischung aus Lamm und Hirsch. Nach dem Mittagessen dann ein kleiner Spaziergang über das weitläufige Grundstück mit der Option, eine neue Location für den Abend im Hinblick auf die Polarlichter zu finden. Dabei durften wir die verlassenen Häuser auf dem Grundstück besichtigen. »Lost Places« inklusive sozusagen.

Ein heißer Tee hilft beim Aufwärmen.
Ein heißer Tee hilft beim Aufwärmen.

Anschließend die Weiterfahrt zur Rentierherde. Die Tiere leben in einem großen Gehege. So groß, dass man es, wenn man innen drin ist, gar nicht mehr als Gehege wahrnimmt. Mit donnernden Hufen rennen die Rentiere über die Freifläche und freuen sich auf die Fütterung. Mit geschlossenen Augen hört sich das typischen Hufgeklappere der Rentieren an wie heuniederprasselnder Regen. Für uns die Gelegenheit, Rentieren in der Gruppe zu erleben und mit den Teleobjektiven auf Motivjagd zu gehen.

Rentiere in Schwedisch Lappland
Rentiere in Schwedisch Lappland

Die abendliche Ausfahrt mit der Hoffnung auf Nordlichter war leider nicht erfolgreich. Die Wolkendecke war zu dicht und das Umgebungslicht zu stark. Trotzdem reichte es für abendliche schöne Impressionen zum nahenden Abschluss unserer Reise.

Aufwärmen am Feuer
Aufwärmen am Feuer

Farewell

Am Montagmorgen war es an der Zeit die Koffer für die Heimreise zu packen. Der Schneefall aus einer dichten Wolkendecke hatte wieder eingesetzt. Bevor die Reise uns zurück zum Flugplatz nach Arvidsjaur führt, fährt Klaus noch einen kleinen Abstecher auf einen Hügel vor der Stadt. Letzte Instruktionen von ihm zum Thema Landschaftsaufnahmen beschließen diese 4-tägige Fotoreise. Interessant, welche Ergebnisse wir auch im dichten Schneefall und wolkigem Himmel mit dem richtigen Bildaufbau noch erzielen konnten. Vielen Dank für dein Engagement, lieber Klaus.

Auf Wiedersehen Schweden im Winter!
Auf Wiedersehen Schweden im Winter!

Mein Fazit

Nordlichter sind ein sensationelles Naturereignis, dass sich mit Worten tatsächlich schwer beschreiben lässt. Die für unsere Verhältnisse doch sehr kalten Temperaturen und die völlige Dunkelheit erfordern die volle Konzentration im Umgang mit der Fotoausrüstung. Die Reise war kein Spaziergang, Klaus Wohlmann forderte uns immer wieder mit neuen Ideen und Tipps. Aber genau das hat es am Ende ausgemacht. Schließlich tritt man so einen Trip an, um möglichst unterschiedliche Dinge zu erleben und viel zu lernen. Ich freue mich jedenfalls schon auf meine nächste Winterreise in den hohen Norden Europas. Irgendwann demnächst.

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Meine Packliste für die Reise nach Schwedisch Lappland im Winter

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  1. Sehr schön, wir wollten diesen Winter eigentlich auch hoch in den Norden zu einer Rentierherde. Wenn auch in Norwegen. Aber leider mussten wir unsere Reise verschieben!

  2. Frank Rosin

    Hallo Lothar, der Bericht und Bilder hat mir gut gefallen. Das Gefühl, die Aurora Borealis zu erleben, kenne ich gut. Die Jagd nach dem grünen Licht ist echt unbeschreiblich. War mit Klaus in der Truppe vor Euch oben. Hätten gerne das Nordlicht so sehen wollen wie ihr. Dafür hatten wir nicht soviel Schneefall und konnten bei den Hot Spots Schneefrei fotografieren. Feb. 2018 steht schon im Kalender.

  3. Schatton Johann

    Ein sehr schöner Reisebericht 🙂 Lieber Lothar, Danke und Grüße aus Malå Johann

  4. Sabine

    Ein klasse Bericht.
    schürt noch mehr meine Vorfreude auf Februar 2018.

  5. Ich finde auch dass man Polarlichter nicht richtig beschreiben kann. In Finnland waren wir uns zuerst gar nicht sicher, ob es wirklich welche waren. Es ist einfach ein unglaubliches Spektakel!

  6. Monika David

    Lieber Lothar,

    was für ein spannendes Abenteuer. Vielen Dank dass du mich mitgenommen hast. Ich bin begeistert von deinen Fotos und von deinem Bericht.

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